In diesem Artikel geht es um die Kapitulation der Gebärenden. Um den Punkt, an dem die Frau sagt: “Ich kann nicht mehr. Helft mir. Es geht nicht mehr. Nicht einmal eine Wehe noch werde ich aushalten. Tut etwas!”. Es ist der Punkt, an den jede Frau unter der Geburt kommen muss. Vollkommene Kapitulation. Sowohl körperlich als auch seelisch kommt die Frau an ihre Grenzen. Das ist für alle beteiligten spürbar und sichtbar. Die Frau zeigt es uns ganz deutlich. Oft zittert sie, erbricht und ist nicht in der Lage zu kommunizieren. Sie gibt auf. Sie hört auf zu kämpfen. Ein erschreckender Moment für die, die diese Situation nicht einordnen können.
Doch diese Phase der Verzweiflung und der Kapitulation gehört zu dem Geburtsprozess. Sie macht die Geburt möglich. Ohne diese Kapitulation ist die Geburt nicht möglich! Nun könnte man denken, wie furchtbar, wie grauenvoll! Und das wäre es. Wenn man nicht weiter schauen würde, was passiert. Denn dieser Punkt der Geburt ist ein Wendepunkt. Ein Punkt, der so prägend ist für alles was folgen wird. Wenn die Frau an diesem Punkt angekommen ist, ist die Geburt bereits weit fortgeschritten. Dieser Punkt markiert den Übergang der Eröffnungsperiode (also die Phase der Geburt, in der der Muttermund durch Wehen geöffnet wird, welches die Voraussetzung dafür ist, dass das Kind durch das mütterliche Becken rutschen kann,) und der Austreibungsphase (also der Phase, wo das Kind durch das Becken der Mutter geboren wird- dies ist die Phase, in der die Mutter “aktiv arbeiten” kann, indem sie ihr Kind durch das Becken schiebt (häufig als “pressen” bezeichnet)).
Die Eröffnungsphase ist meist der zeitlich gesehen die längste Phase der Geburt. Wie bereits erwähnt, steht an ihrem Ende die Übergangsphase, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Frau kapituliert. Sie ist am Ende ihrer Kräfte. Und das ist gut so. Denn durch die Überwindung dieses Punktes wächst sie über sich hinaus. Neue Energie wird freigesetzt (biochemisch nachweisbar) und sie spürt nach der Übergangsphase oft eine deutliche Erleichterung. Nicht nur dadurch, dass sie nun aktiv arbeiten kann sondern auch dadurch, dass das Ende der Geburt und die Ankunft des Kindes nun ab zu sehen ist.
Gebärende, die an diesen Punkt kommen, brauchen die Begleitung derer, denen sie vertraut und die ihr beistehen. Für die Partner der Frauen ist die Begleitung ihrer Frauen oft schwierig- vollkommen verständlicher Weise. Einen geliebten Menschen so “leiden” zu sehen ist eine große Herausforderung. Für sie ist es elementar wichtig zu wissen, dass dieser Punkt unter der Geburt vollkommen normal, abzusehen und notwendig ist. Und vor allem: er ist nicht unendlich! Die Frau ist in der Lage diese Situation zu meistern, auch wenn sie genau das Gegenteil verspürt und auch kommuniziert. SIE WIRD ES SCHAFFEN. Und genau diese Gewissheit muss ihr vermittelt werden! “Du schaffst das!” ohne zu verleugnen, was sichtbar ist: sie kann nicht mehr. Sie leidet. Sie ist am Ende ihrer Kraft. Und doch: wenn sie diese Situation erleben darf, wenn wir ihr trotz allem unseren Mut zusprechen: “Ich sehe, dass du am Ende bist! Ich spüre es! Und ich bin da. Ich fange dich auf. Gemeinsam schaffen wir es. DU wirst es schaffen!”, dann wird die Frau darüber hinauswachsen! Sie wird es überwinden und unglaublich wachsen.
Ich erinnere mich an meine erste bewusste Begegnung mit diesem Punkt der Kapitulation. Ich war Hebammenschülerin im ersten Jahr. Ich hatte Kreißsaaldienst und begleitete eine Gebärende seit einigen Stunden. Wir veratmeten Wehen, ich sprach ihr Mut zu. Die meiste Zeit war ich mit dem Paar allein, die Hebamme schaute immer mal wieder rein und zog sich dann wieder in das Stationszimmer zurück. Irgendwann merkte ich, dass der Mut der Gebärenden schwand. Sie sprach nicht mehr mit uns und übergab sich mehrmals. Sie zitterte am ganzen Körper. Aufgeregt und in Sorge berichtete ich der Hebamme davon, in der Annahme, sie würde nun schnell dazu kommen und etwas tun, damit es der Frau besser gehen würde. Doch sie lächelte und sagte: “ach wunderbar, ich komme dann gleich zur Geburt.” Ich erschrak darüber sehr. Wie konnte sie so herzlos sein? Die Gebärende leidete so sehr und sie…lächelte?! Erst später klärte sie mich auf… erklärte mir diese wichtige Phase der Geburt. Und bei allen Geburten die darauf folgten erlebte ich diese Kapitulation und sah, wie die Frauen daran wuchsen. Vielleicht ist dies der wichtigste Punkt der ganzen Geburt. Natürlich ist diese Phase bei allen Frauen unterschiedlich. Bei manchen ist er “bilderbuchmäßig”, bei manchen geht er schnell und fast ungesehen vorbei. Aber alle Frauen kommen an diesen Punkt.
Als professionelle Begleiter und Begleiterinnen ist es unsere Aufgabe jetzt da zu sein! Und sowohl die Frau als auch ihre Begleitung an die Hand zu nehmen und sie voll Vertrauen und Zuversicht durch diese Phase zu begleiten. Denn die Frau braucht die Unterstützung von allen Beteiligten. Wenn wir glauben, nein, viel mehr sicher sind, dass die Frau es schaffen kann und das alles ganz normal und gut ist, so wie es ist, dann wird auch der Partner in seine Frau vertrauen. Und gemeinsam kann diese Phase durchlebt werden. Noch einmal: wenn die Frau diesen Punkt überwindet, wird sie daran wachsen. Sie wird ihr Kind aus eigener Kraft gebären. Diese Phase dauert einige Minuten. Vielleicht einige mehr. Gefühlt können es Stunden sein. Doch es sind nicht Stunden. Nicht Tage. Das Ende ist absehbar! Und das müssen wir dem Paar vermitteln: es ist nicht unendlich!
Wir müssen die Frau ernst nehmen und sie sehen. Und ihr auch genau das sagen: “Du hast recht!” und immer mit dazu das große Vertrauen in sie und den Prozess der geburt: “Du schaffst das! Trotz all deiner Zweifel. Du schaffst es. Ich sehe es und ich weiß es! Bald wirst du dein Kind in den Armen halten.”. Und natürlich versuchen wir es ihr möglichst da zu erleichtern wo es nur geht. Doch in dieser Situation ist kaum etwas wirklich hilfreich außer das Vertrauen in sie und immer wieder sie Bestätigung: es ist alles gut. Genau so, wie es sein soll.
Immer wieder, wenn ich von Betreuten die Geburtsberichte höre oder lese, lese ich von diesem Punkt. Ohne, dass er benannt wird, natürlich. Denn offensichtlich scheint das Wissen um diesen wichtigen Punkt nicht (mehr) sehr weit verbreitet. Denn oft lese ich, dass die Frauen an diesem Punkt der Erschöpfung und Mutlosigkeit eine PDA oder gar einen Kaiserschnitt bekommen. Sie berichten: “ich konnte wirklich nicht mehr und es war die einzige Möglichkeit.” Und natürlich haben sie recht: sie konnten nicht mehr! Durch die Intervention an dieser Stelle, die womöglich sehr gut gemeint ist, denn es ist ohne Zweifel keine leichte Aufgabe einen Menschen in dieser Situation zu erleben und zu begleiten, wird der Frau die Möglichkeit zu wachsen genommen. Ihr wird das ungalubliche Gefühl des Erfolges: “ich habe es geschafft! Ich habe diesen Punkt überwunden!” genommen.
(An dieser Stelle sei kurz bemerkt, dass es natürlich Geburten gibt, an denen eine PDA oder auch der Kaiserschnitt notwendig und sinnvoll sind. Frauen wachsen an jeder Geburt, ganz gleich wie sie verläuft. Ich spreche in diesem Text von einem physiologischem Verlauf.)
Als Abschluss mein Appel:
-Wenn du schwanger bist, ist es gut, wenn du von dieser Phase weißt. Allerdings wird es dir in der Situation nicht sehr helfen, denn dann wirst du mit der Situation beschäftigt sein und keinen guten Zugang zu vorhandenem Wissen haben. Aber: du kannst dieses Wissen weitergeben. Zum Beispiel an die Menschen, die dich bei der Geburt begleiten werden. Meist ist das der Partner: er sollte von dieser Phase wissen, damit er sich nicht zu sehr erschrecken lässt und dich gut durch diese Phase begleiten kann.
-wenn du deine Partnerin unter der Geburt begleiten wirst, lass dir noch einmal gesagt sein: „Deine Partnerin kann das! Vertraue ihr!“ Vermutlich wirst du erschrecken wenn du deine Partnerin in dieser Phase erlebst. Das ist okay. Und: du kannst ihr eine wesentliche Hilfe sein. Und zwar indem du an sie glaubst. Ihr vertraust. Es ist keine Hilfe sie davon zu „erlösen“. Einfach weil es keine Hilfe ist. Wenn sie mit deiner Hilfe diese Phase meistert, wird sie wachsen, werdet ihr wachsen. Vertraue darauf. Und vertraue eurer Hebamme: sie ist diejenige, die die „echten“ Gefahren und Komplikationen erkennt und dementsprechend handeln wird. Vertraue ihr.
-wenn du Frauen unter der Geburt als „Fachfrau/mann“ begleitest, achte doch einmal darauf, wie du die nächsten Übergangsphasen erlebst. Ob du den Punkt der Kapitulation erkennst und vor allem: beobachte die Kraft und die Erleichterung der Frau, wenn sie diesen Punkt überwunden hat! Und bitte gib dein Wissen um diese Phase weiter! Bei Geburtsvorbereitungskursen finde ich es sehr wichtig darüber zu sprechen aber auch unter der Geburt- erkläre dem Partner oder der Begleitung der Gebärenden was da gerade passiert. Wenn du magst, schreib doch gerne unter diesen Artikel was du zu diesem Thema schon erlebt hast oder vielleicht auch, was du dazu denkst, was den Frauen in dieser Phase am besten hilft!
Ich bin gespannt von euch Lesern zu lesen. Kanns du dich an den Punkt unter der Geburt erinnern? Was hat dir in der Situation geholfen? Wie ergeht es dir davon zu lesen? Findest du dich wieder?
Ich erinnere mich genau an diesen Punkt.
Bei beiden Geburten waren es die letzten Eröffnungswehen, die mich an diesen Punkt der Kapitulation brachten. Ich hatte das Gefühl diesen unfassbaren Schmerz einfach nicht mehr auszuhalten. Ich konnte die Wehen nicht mehr veratmen, ihnen nicht mehr die Schmerzspitze nehmen. Ich dachte einfach, ich schaffe es nicht.
Und dann kam diese unbändige Kraft. Diese zauberhafte Kraft, mein Kind zu gebären.
Es war unglaublich. Und es gibt mir auch heute noch so viel, um diese innere Stärke zu wissen.
Wie wundervoll du diese Gefühle beschreibst!
Von Herzen Dank dafür und alle Gute für dich und deine Familie!
Alles Liebe, Jule
Ich hatte diesen Moment auch bei beiden Geburten. 2014 und 2015. Bei meinem Bub ’15 war plötzlich klar, ich schaffe die Geburt nicht allein. Nicht eine weitere Wehe ohne Medikamente. Also schrie ich nach einer PDA. In diesem Moment platze meine Fruchtblase und die 1. Presswehe kam. Fünf Minuten später war mein Bübchen da. ?
Danke für deine Erfahrung, die genau meine Beobachtungen bestätigen. Wenn es wirklich gar nicht mehr geht, dann passiert etwas. Etwas wundervolles.
Danke, danke! Und alles Liebe für euch 4!
Was für ein wertvoller Text. Meine Hebamme bereitete mich im Vorbereitungskurs auf diesen Punkt vor und erklärte auch,dass dieser eben auch bedeutet,dass die Geburt nun nicht mehr lange auf sich warten lässt. Ich meine in Holland beispielsweise heißt sie auch tatsächlich Phase der Verzweiflung.
Bei meiner ersten Geburt habe ich diesen Punkt leider nicht erlebt,da es dem Baby nach 24 Stunden und 8cm Muttermundöffnung so schlecht ging,dass es ein KS wurde. Nunja. Da gab es dann andere Verzweiflungsphasen.
Bei der zweiten Geburt habe ich diese dafür sehr lange erlebt. Die PDA wurde nicht mehr erneuert,das Baby rutschte aber trotz vieler Positionswechsel einfach ewig nicht ins Becken. Ich hing im Vierfüßler über dem Bett,mir war kotzübel,schweißnass,der Kreislauf ging weg….und ich schrie….und fluchte…und schrie,dass es x,y,z mit ihren geplanten Kaiserschnitten richtig gemacht hätten und nur ich so dumm war es so zu versuchen (dabei war das vorher mein größter Wunsch)….ich schrie auch in der Hoffnung,dass sich irgendwer erbarmt und die PDA wieder aufspritzt….ich war wirklich am Ende. Und mir war auch klar,dass das dieser Punkt sein musste. Umso heftiger waren die fast zwei Stunden bis zur tatsächlichen Geburt dann. Und dann kamen Ärzte,die sagten,dass man nun an einen Kaiserschnitt denken müsse,weil das Baby nicht rutscht. Und dann. Dann kam sie. Meine wunderbare Hebamme. Sie sagte,ich solle schieben was das Zeug hält und sie tastete. Und als sie dann wieder kam,erklärte sie,dass sie nicht mehr weggehen würde,sie legte Handtücher unter die Wärmelampe und ich war so erleichtert. Es passierte endlich etwas. (Leider musste ich für so eine Assistenzärztin sozusagen nochmal vormachen,dass das Baby auf mein Schieben reagiert,was ich eine Frechheit fand). Und meine Hebamme leitete mich wunderbar durch diese Phase. Und zum Erstaunen aller wurde meine Tochter in wenigen Minuten geboren. Hinterher sagten alle,dass sie das nicht für möglich gehalten hätten. Ich erinnere mich kaum an diese Phase. Ich habe alles gegeben um dem KS zu entgehen und kann mich kaum an Schmerzen erinnern. (Der Mann wohl schon). Durch diese sehr heftige kurze Phase hatte icj leider wirklich schlimme Verletzungen. Aber das war so nebensächlich.
Falls ich ein drittes Kind bekomme, hoffe ich,dass dieser Verzweiflungspunkt schneller als nach 20 Stunden kommt und schneller vergeht. Und dass ich wieder so eine wunderbare,selbstsichere und starke Hebamme “erwische”
Oh ja, ich erinnere mich noch sehr genau an diesen Moment. Ich sagte meiner Hebamme, dass ich jetzt wirklich nicht mehr könne und sofort eine PDA bräuchte. Im Nachhinein muss ich noch immer grinsen, wenn ich daran denke. Denn uns war beiden völlig klar, dass ich keine PDA haben wollte. Ich wollte nämlich nach der Geburt nach Hause. Wir hatten vorher darüber geredet und sie hatte mir schon gesagt, dass wenn ich an diesen Punkt komme und sie um eine PDA anflehe, ich schon bald pressen könne. Trotzdem nahm sie mich in dem Moment ernst, rief den Anästhesisten an (den ich nie zu Gesicht bekam, weil er im OP war. Zum Glück) und erklärte mir Sachen zum Ablauf. Und dann plötzlich sagte ich ihr, dass der Druck jetzt schon sehr groß sei und ich gerne pressen würde. Nachdem sie mich noch einmal untersuchte und mir sagte, ich könne loslegen, war das ein so schönes Gefühl. So erleichternd. Die Zeit danach war so besonders, ich war fast tiefenentspannt in den Wehenpausen, obwohl es natürlich anstrengend war. Aber ich war so euphorisch, voller Glücksgefühl, dass ich noch heute gerne und viel daran denke.
Und ich bin so froh und dankbar, dass wir “unsere” Hebamme dabei hatten und wir – trotz Krankenhaus – in so einer friedlichen Atmosphäre unser Baby empfangen haben. Für das nächste Kind wünsche ich mir eigentlich genau so eine Geburt, nur im Geburtshaus oder zu Hause. Dann kann ich zwar nicht um eine PDA bitten, aber mir wird schon etwas anderes einfallen, um diese wenigen, ganz schlimmen Minuten zu überbrücken.
Ein ganz tolles Thema, alles Liebe dir!
Ich erinnere mich noch genau an dieses Gefühl….es war genauso stark und (Geburts)prägend, wie das Gefühl hinterher es GESCHAFFT zu haben! Diese Stärke die Frau dann entwickelt….eine Kraft, die ich vorher in mir nicht zu haben glaubte. Dennoch gab es auch dieses Tief, es nicht zu schaffen, es nicht auszuhalten,sogar Wut….aber! ICH habe es GESCHAFFT!
Liebe Jule,
du sprichst da einen sehr wunden Punkt bei mir an, der mich auch noch vier Monate nach meiner (dritten) Entbindung so beschäftigt. Bei dieser Entbindung habe ich diesen Punkt so stark empfunden. Ich war nicht mehr in der Lage mich zu bewegen, habe “gebettelt” ins Krankenhaus gebracht zu werden und einen Kaiserschnitt zu bekommen (ich hatte eine Hausgeburt), hab nur noch geschrien und hab nicht mehr kontrolliert/bewusst atmen können. Es war furchtbar… Meine beiden Hebammen haben es aber super gemeistert, sind ganz sachlich geblieben und haben mir aber auch das Gefühl gegeben mich ernst zu nehmen. Sie haben mir die ganze Zeit Mut zugesprochen und eine der beiden meinte irgendwann “du bist so stark – eine Löwenmama!”. In dem Moment fand ich den Ausspruch albern aber jetzt geht er mir sehr nahe und ist er für mich so beispielhaft dafür, welche Kraft kurz danach eintrat. Plötzlich dachte ich, dass nur ich diesen Zustand beenden kann und habe alle Kräfte mobilisiert – Momente danach war mein Sohn geboren.
Dein Post rührt mich aber deswegen sehr, da ich mir aufgrund dieser Resignation und des Kontrollverlusts Vorwürfe mache, die Geburt “versaut” zu haben – ich wollte es doch so gut machen. Ich habe schon mit mehreren Personen darüber gesprochen und so langsam mache ich meine Frieden damit. Dein Post hilft dabei auch – danke dir, liebe Jule!
Jedenfalls gebe ich dir auch recht, dass Schwangere noch mehr darüber aufgeklärt werden sollten und auch die Partner davon erfahren sollten. Mein Mann war mit der Situation schon etwas überfordert mich so zu erleben.
Viele liebe Grüße
Anneke
So ähnlich ging es mir bei der Geburt meiner Tochter. Zunächst waren wir schon neun Tage über dem ET. Ich hatte das Gefühl, schon ewig schwanger zu sein und gleichzeitig drohte uns die Einleitung. Bis dato hatte ich nicht mal eine Senk- oder Übungswehe gehabt, wusste also nicht mal wie sich das anfühlen könnte. Auf einmal ging aber alles ganz schnell. Innerhalb weniger Stunden waren wir quasi geburtsreif und ich hab rückblickend das Gefühl, dass es mir – so bescheuert es klingen mag – einfach zu schnell ging auf einmal. Im Geburtshaus angekommen, war es quasi gleich so weit dass ich hätte pressen können, aber ich war irgendwie so überwältigt oder überfordert, dass ich gar nicht richtig konnte. Hab gefühlt ewig gepresst, aber irgendwie auch nicht richtig, auch nicht richtig geatmet und wurde darüber dass ich das alles scheinbar nicht richtig mache, nach und nach total panisch, so dass die Kraft immer weniger wurde. Die zweite Hebamme hatte schon immer auf dem Oberbauch mitgedrückt, weil ich irgendwie nicht genug Kraft in die Wehen gelegt hab. Zwischenzeitlich war ich so “resigniert” dass ich geschummelt und Wehen einfach ignoriert und nicht mitgearbeitet habe. Was eine erfahrene Hebamme natürlich auch bemerkt… Geholfen hat am Ende wahrscheinlich eine Spritze, die die Wehen verstärken sollte und dass meine Hebamme irgendwann meinte, “Wenn du jetzt noch einmal richtig mitschiebst, dann hast du es geschafft.” Und so war es dann auch, vielleicht musste ich auch noch zweimal richtig mitschieben… Aber danach hätte ich wahrscheinlich wirklich nicht mehr gekonnt. Es fühlte sich alles an, wie eine Turnübung, in der ich einfach nicht gut bin und sie trotzdem immer wieder machen soll. Geendet hat es mit ein paar blauen Flecken auf dem Bauch, einem Riss und einer richtig fiesen Steißbeinprellung, mit der ich auch vierzehn Tage nach der Geburt nicht so richtig viel und weit laufen kann. Ich habe mich hinterher irgendwie gefühlt, als wäre ich zu doof gewesen, alles umzusetzen, was man im Vorbereitungskurs gelernt hat oder was die Hebamme in der konkreten Situation gesagt hat. Und dass ich quasi selbst Schuld an den Geburtsverletzungen bin, weil ich mich so dumm angestellt hab und dass ich wahrscheinlich nur Glück hatte, dass das Kind noch rechtzeitig raus kam, so dass nichts Schlimmes passiert ist.
Trotz der Tatsache dass ich im Geburtshaus entbinden konnte und es mit acht Stunden von der ersten Wehe bis zur Geburt nicht ganz acht Stunden gedauert hat, hab ich mich hinterher komisch gefühlt und bin mir nicht sicher, ob ich das noch ein zweites Mal hinbekommen würde. Die mentale Hürde unter der Geburt war für mich jedenfalls ziemlich hoch.
Ich habe drei Kinder geboren, und vor allem beim ersten Kind ist es mir ganz eindrücklich in Erinnerung geblieben: es war wie eine riesige Welle, die über mir zusammenbrach, und ich dachte mir, entweder ich tauch da jetzt durch oder ich mache garnichtsmehr und schreie nur noch und mache nicht mehr weiter. Eine Sekunde lang hatte ich noch nie gekannte Panik, dann hab ich mir gedacht, nein, ich habe hier keine Wahl, es geht jetzt weiter… und wenige Augenblicke später hat die Hebamme im Kreissaal das Licht gedimmt, eine Kerze angezündet leise die diensthabende Ärztin zur ” Geburt” dazugerufen. Lang hat es dann auch nicht mehr gedauert.
Das war wirklich ein Moment, der mir immer noch ganz detailgenau in Erinnerung geblieben ist…
Gänsehaut, wie du es beschreibst. Genau so war es….
Die Wehen habe ich als wenig schmerzhaft und gut zu veratmen empfunden- und im Kreißsaal haben sie mich dann plötzlich durchgeschüttelt und ich wusste nicht, wohin mit mir. “Ich kann das nicht!” habe ich der Hebamme gesagt und sie hat nur “Du kannst das!” geantwortet. Das hat geerdet und sehr geholfen.
In der Schwangerschaft habe ich oft über die Geburt nachgedacht. Habe in Videos gesehen, wie Frauen einfach am Ende ihrer Kräfte waren. Doch trotz allem, bereitet einen nichts darauf vor. Niemand hatte mir vorher gesagt, dass es vollkommen normal sei, sich unter der Geburt zu übergeben. Ich musste oft spucken, hatte Angst, weil ich nicht wusste ob das “normal” sei. Leider hatte ich auch keine Hebamme an meiner Seite, nur mein Partner meinte immer wieder:” es ist okay, alles ist gut, dein Körper arbeitet auf Hochtouren”. In dieser Phase war nur er da, doch ich war ganz in mir. Habe nur noch verschwommen seine Worte wahrgenommen. Ich konnte wirklich nicht mehr, doch mein Körper arbeitete immer weiter, ohne Rücksicht auf meine Pysische Verwassung. Als ich diese Phase endlich überwunden hatte und mit helfen konnte, stieß auch endlich eine Ärztin zu uns. Nur machte es all das nicht besser. Denn ich hatte bis hier hin, alles selbst erarbeitet, war voll und ganz in mir und wusste Instinktiv was zu tun war (ohne Vorbereitungskurs) und diese Ärztin nahm mir in dieser wichtigen Phase, als ich endlich vollkommen mitarbeiten konnte, alles. Das einzige was mich heute tröstet und was auch in diesem Moment wichtig war, war dass meine Tochter viel zu früh auf diese Welt kam und nur diese Ärztin ihr helfen konnte als sie geboren war. Denn eigentlich hat sie alles blockiert, doch die Kraft all das zu überwinden gab mir der Gedanke an meine Tochter, die ihre Hilfe brauchen wird. Und dieser Gedanke, überwand alles. Diese Kraft in mir meiner Tochter zu helfen obwohl mir unter der Geburt alles genommen wurde, war nicht von dieser Welt. Diese Kraft, wo vorher keine war, ist unbeschreiblich.
Vielen Dank für diesen Beitrag (und die Kommentare der anderen Frauen)! Bei mir kann es jetzt jederzeit losgehen (Ssw 41, erstes Kind) und es hilft von dieser situation vorher in diesem Umfang zu hören, damit man dann währenddessen weiß, dass es normal ist. Ob ich mich dann tatsächlich daran erinnere in dem Moment, werden wir sehen, aber meinem Mann hab ich den Artikel schon mal zum lesen gegeben.
Liebe Grüße
“Eine Geburt ist ein Prozess des Loslassens. Man macht sich los von sich selbst und seinem Denken.”
Meine Physiotherapeutin sagte mir das zu Beginn meiner ersten Schwangerschaft, ich hatte sie gefragt ob ich auf Grund meiner Beckenbodenspastik mich da auf etwas einstellen müsste. Immer wieder hallten mir ihr Worte im Kopf.
Wehe… Loslassen… Loslassen… freigeben
Wehe… Loslassen…
Ich hatte zwei sehr schnelle Geburten, diesen Punkt habe ich auch kennengelernt, bei der Zweiten habe ich dann gedacht,
“Verdammt, nun kommen wir hier nicht mehr los, los ins Auto, Krankenhaus, das Kind wird hier zu Hause geboren, gleich ist er da”.
Und die freigesetzte Kraft war riesig, ich bin in dem Moment wirklich über mich hinaus gewachsen, ich kann manchmal gar nicht fassen das ich alles allein geschafft habe.
Seit dem bin ich in mir ruhender, ich vertraue mir noch mehr, ich habe alle Zweifel losgelassen.
Vielen Dank, schöner Artikel du schaffst es deine Themen so behutsam aufzuarbeiten.
Ein sehr toller Text! Ich kann. Ich gedanklich so sehr in diese Phase zurück Versetzen! Es ist so ein intensives Gefühl. Leider wurde ich nicht damit “belohnt” mein Kind selbst auf die Welt zu bringen. Die Herztöne würden schlechter und nach einer Blutentnahme am Kopf stand fest, Notkaiserschnitt.
Das ist so unbefriedigend, so gemein, so furchtbar es nicht selbst geschafft zu haben.
Ich hab mich während der Geburt nicht gut begleitet gefühlt. Jetzt, 2. Kind. 13. Woche. Ich hab noch viel Zeit mich auf alles vorzubereiten. Ich will es schaffen. Ganz alleine! Ich geb nicht auf!
Danke für deinen Text, er erweckt noch mehr die Sehnsucht in mir es zu schaffen!
Danke für diesen schönen Artikel!
Was mir wirklich wirklich geholfen hat, war: Dass ich bereits im Vorfeld darum wusste!
Wir haben dazu etwas im Geburtsvorbeitungskurs gehört und auch meine Hebamme hat es mir sehr ausführlich erklärt.
Als es dann soweit war, fühlte es sich zwar deutlich dramatischer an, als es sich in der Theorie anhörte, aber als ich mich sagen hörte: Ich glaub, ich kann gleich nicht mehr! und in meinem Inneren dachte: Ey, wenn es so weitergeht, dann reichts mir echt, dann gehe ich Heim! (und das ernsthaft glaubte) wusste ich im Hinterkopf, dass das ein Teil ist der dazugehört. Ich glaube, sonst hätte ich deutlich mehr Angst gehabt.
Danach kam tatsächlich die Austreibungsphase, die ich übrigens ziemlich heftig fand und das aktiv Mitarbeiten habe ich nicht wirklich als Genuss o. Ä. erlebt. Aber das Gefühl es alleine geschafft zu haben (ich war im Geburtshaus und es war eine Wassergeburt) hat mich sehr verändert. Ich habe erlebt wie viel Kraft ich habe, welch eine Löwin in mir steckt, wie viel Vertrauen ich in mich haben kann. Diese Erfahrung war eine der kostbarsten in meinem bisherigen Leben. Das habe ich zwar erst im Verlauf der Monate danach realisiert, aber jetzt ist diese Erinnerung tatsächlich wie ein Diamant unter all meinen Erfahrungen.
Schön, dass du darüber geschrieben hast. Auf dass viele Frauen sich unter der Geburt daran erinnern und in sich vertrauen werden!
Liebe Jule, danke für diesen wunderbaren und mutmachenden Artikel. Gerne erzähle ich auch von diesem “meinem” Punkt, denn er war mir unter der Geburt schon so bewusst und fasziniert mich auch zweieinhalb Jahre später noch unendlich. Nach bereits 20 Stunden im Kreißsaal, einem Kreislaufkollaps und vielen von mir gefüllten Nierenschalen ? hielt ich mich gerade an der Heizung fest, um eine starke Wehe zu verarbeiten. Plötzlich fühlte ich mich, als würde ich im wahrsten Sinne des Wortes gekocht, kickte, auf einmal wütend über ihre Wärme, meine Hausschuhe weg. Wie ein Blitz traf mich in diesem Moment der Gedanke: “Dieses Kind wird keine Mutter haben, ich schaffe das nicht, ich werde verrückt, vollends verrückt!” So pathetisch das klingen mag, in diesem Moment war ich ehrlich und völlig überzeugt davon, für immer sofort nach der Geburt auf die Geschlossene verlegt zu werden. Als dann wie eine Droge die “Wendung” einsetzte und ich spürte, wie jede einzelne Zelle in mir meinen Sohn gebären will, jede Zelle ihre ganze Kraft dafür einsetzt, war das ein unbeschreibliches Gefühl, das seitdem tief in mir sitzt. Mir war nicht bewusst, dass dieser Punkt bei jeder Geburt intensiv vorhanden ist. Das macht es noch wunder-barer! Noch ein Wort zu den begleitenden Personen: im Rückblick sehe ich viele (medizinische) Entscheidungen diese Entbindung betreffen sehr kritisch. Mir stand aber zu Beginn und Ende der Geburt eine Hebamme zur Seite, die mich klar, aber leise, immer wieder auf einen möglichen Notkaiserschnitt vorbereitete, im gleichen Satz aber nachschob: “Aber Sie wollen das, Sie schaffen das, wir schaffen das gemeinsam!” und dabei eine Überzeugung an den Tag legte, die keinen Raum für Zweifel ließ und mir wahnsinnig viel Kraft gab. Wundervoll, wenn man daran denkt, wie gerade Hebammen positiv wirken und so vielen Frauen ihre inneren Kräfte zeigen können! Liebe Grüße und Danke fürs Erinnert-werden 🙂
Während ich deinen Bericht lesen, läuft es mir beinahe eiskalt den Rücken runter. Die Geburt meines Sohnes ist genau eineinhalb Jahre her, aber beim Lesen deiner Zeilen kommen die Erinnerungen wieder hoch.
Meine Tochter wurde vor knapp 8 Jahren geboren. Ich war Anfang 20 und wusste nicht was auf mich zukam. Die Schmerzen war sehr stark. An den Punkt von dem du schreibst kam ich kurz vor der wirklichen Geburt. Genau so wie du es geschrieben hast. Ich schaffte es ohne PDA und war unglaublich froh es doch geschafft zu haben.
Als mein Sohn geboren wurde, dachte ich dass ich gut vorbereitet bin weil ich das alles schon mal “durchgemacht” habe. Aber auf das was kam war ich nicht vorbereitet. Die Geburt wurde 12 Tage nach ET mit einer Tablette eingeleitet. (Meine Tochter kam kurz vorm ET “von alleine”). Die Wehen begannen ein paar Stunden später. Bereits ab der ersten Wehe war der Schmerz kaum auszuhalten. Diese Geburt hatte nichts schönes. Sie war einfach nur grauenvoll schmerzhaft und beinahe animalisch. Der Punkt an dem ich nicht mehr konnte kam und mein Mann meinte nur: siehst du. Jetzt ist es bald geschafft. Den Rest packst du!
Mein Sohn war ein Sternengucker. Steckte fest. Die Fruchtblase platzte und ich hatte 11 Stunden Presswehen ohne dass er rauskam. Irgendwann hieß es, es ist kurz vor 12 der Junge muss raus. PDA lag, Oberarzt kam, sprang auf mich und drückte meinen Sohn raus. Er war dunkelblau und musste reanimiert werden. Danach war alles gut. Auch mir ging es körperlich gut. Seelisch hab ich das bis heute nicht richtig verarbeitet. Der Schock darüber wie eine Geburt auch verlaufen kann saß zu tief.
Entschuldige dass es so lang geworden ist. Aber das ist die Geschichte zu meinem Punkt an dem ich nicht mehr konnte und dann doch noch stundenlang kämpfen konnte…
Danke für deinen tollen Bericht <3
Zuallererst: DANKE für deinen Blog, deine Mühen, deine immer wieder treffenden, feinfühligen und tollen Worte, dafür, dass du hier bist und für uns schreibst. Ich mag dich so gerne lesen und leiden!
Und nun zum Thema. Bei meiner großen Tochter, die zu Hause zur Welt kommen durfte, habe ich meine Kapitulation noch am meisten in Erinnerung. Wohl deshalb, weil ich damals noch nicht so wirklich damit umgehen konnte. Ich dachte damals in diesem Moment, dass es wirklich töricht von mir gewesen sei, zu Hause, so ganz ohne PDA, entbinden zu wollen. Ich war ziemlich bereit für den Kaiserschnitt und in meinem Kopf spielten sich einen kurzen Augenblick Szenarien, wie ich nun vom RTW ins KH verlegt werden würde, ab. Ich denke, keine 3 weiteren Presswehen war mein Baby bei mir. Aber ich erinnere mich auch, wie ruhig meine Hebammen blieben und wie sie mich unterschwellig ermutigten. Sie haben das so toll gemacht und ich bin noch heute, 3 Jahre später, seht beeindruckt.
Bei meiner kleinen Tochter, hatte ich auch wieder das Gefühl, kapitulierten zu müssen. Es war eher die Sorte: “Warum um Himmels Willen? Wie kann man soooo blöd sein, sich das noch ein zweites Mal “anzutun”, wo man doch weiß, was einen erwartet. Aber das war nur sehr kurz. Einfach deshalb, weil ich eben wusste, an welchem Punkt ich nun bin und dass ich bald mein Baby bei mir haben werde. Ich war sogar irgendwann einfach erleichtert und froh, dass es nun soweit war.
Ob ich eine 3. Geburt erleben darf, steht leider noch ganz weit hinten in meinem Lebensbuch, aber ich wünsche es mir. Wohl deshalb, weil gebären, trotz dem Schmerz und der Angst, wahnsinnigschön ist. Und weil der weibliche Körper schein phänomenal talentiert ist, im Verdrängen.
Dankeschön Jule, dankeschön für diesen schönen Text und für die Aufklärung. Ich bin Hebammenschülerin im ersten Jahr und habe erst kürzlich mit der Ausbildung begonnen, ich wweiß zwar noch nicht so viel, aber das es dort eine Übergangsphase gibt hat mir noch niemand im praktischen Einsatz gesagt. Mir ist bisher aufgefallen das diese Phase unterschiedlich lang sein kann und bei uns zu schnell PDA’s gelegt werden. Ein Fall z.b. unter größter Mühe und unter stärksten Wehen gelegt und 10 min später war das Kind da, dazu muss man sagen war es auch sonst ein zügiger Geburtsverlauf und man hätte keine PDA legen müssen. Aber das habe ich noch nicht zu entscheiden und kann es auch nicht richtig beurteilen.
Liebe Grüße Ann – Kathrin
Liebe Jule, vielen Dank für deinen Beitrag. Mal sehen ob ich beim zweiten Kind bewusst daran denke =)
Ich frage mich gerade, ob man diesen Punkt nicht auch trotz PDA erleben kann.
Ich habe nach 6 Stunden eine PDA gewollt, weil ich soooo müde war. Ich hatte fast 48 Stunden nicht geschlafen, war fix und fertig und hatte das Gefühl, vor Müdigkeit nicht die nötigen Reserven für den eigentlichen Teil der Geburt zu haben. Dank PDA konnten mein Mann und ich dann zwei Stunden schlafen und gestärkt weiter machen. Klar hatte ich dann nicht mehr die eigentlichen Schmerzen, aber ich erinnere mich so gut an diese Phase, wo ich noch nicht pressen durfte, es aber so gerne wollte, als der Druck sooo groß war und ich dachte, dass ich es nicht schaffe nicht zu pressen. Das war auch der Punkt, wo ich feststellte, dass das Tönen (bekannt aus dem Vorbereitungskurs) gar nicht so komisch, sondern sehr hilfreich ist! =)
Und kurze Zeit später durfte ich dann pressen und brachte unsere Tochter zur Welt.
Liebe Grüße Hanna
Ich bin werdende Hebamme und immer wieder neu fasziniert von der Übergangsphase. Danke für diesen tollen Beitrag! Ich habe dazu gelernt “in dieser Phase der Geburt wird die Mutter geboren”, eine wundervolle Erklärung!
Durch viele Übergangsphasen habe ich schon begleitet und ich habe versucht zu erklären, zu bestärken und zu unterstützen. Doch häufig kam ich mir so dumm dabei vor, als wären meine Worte unwichtig und albern. Einige Frauen antworteten “ach das sagst du doch zu jeder”. Deshalb bin ich froh über diesen Beitrag, der ein bisschen aufklärt. Aber manchmal höre ich dann Geburt auch Worte wie “ich habe wirklich gedacht ich schaff es nicht, aber du hast es gewusst”.
Liebe Jule,
ich habe vier unterschiedliche Geburten erleben dürfen, aber bei allem kam ich an diesem Punkt. Bei meiner ersten Geburt war ich noch sehr jung. Ich habe mich ganz auf die Hebammen und Ärzte im Krankenhaus verlassen. Ich war irgendwann nach vielen, vielen Stunden, in denen nichts voran ging zu erschöpft und mir wurde eine PDF nahe gelegt. Der Punkt kam trotzdem. Aber ich habe es geschafft und einen gesunden Buben geboren. Erst bei meiner zweiten Geburt hatte ich verstanden, woran es lag. Meine zweite Geburt nur eineinhalb Jahre später war eine Sturzgeburt. Rasant schnell. Und nachdem die Hebamme mir nicht geglaubt hat: alleine, im Untersuchungszimmer der Klinik. Die Hebamme war überrascht. Sie hatte kurz zuvor untersucht, als ich eben an den Punkt war, wo ich nicht mehr konnte und der Muttermund war bis auf zwei Zentimeter zu. Ich scheine sehr eigenartig zu gebären. Mein Muttermund öffnet sich innerhalb einer Wehe und das sehr plötzlich, warum auch immer. Jedenfalls war mein zweiter Sohn ebenfalls sehr überrascht von der schnellen Geburt und hatte eine Anpassungsstörung und musste einige Tage auf die Intensivstation. Erst sieben Jahre später machte sich unsere Tochter auf dem Weg. Geprägt durch die Geburten davor wollte ich ernst genommen werden. Ich wollte nicht wieder alleine gebären. Ich kam wie bei den Geburten davor an diesem Punkt, wo ich nicht mehr konnte und wollte. Man sagte mir wieder, es dauert noch, ich müsse mich “zusammen reißen”. Ich war sicher gleich mein Kind zu gebären. Der Arzt ging zur Toilette,die Hebamme wollte einen Kaffee trinken, doch ich musste pressen und meine Tochter kam innerhalb einer Wehe zur Welt. Nachdem der Muttermund vorher noch fast geschlossen war. Das erstaunte Gesicht von Arzt und Hebamme werde ich nie vergessen. Als sich zwei Jahre später mein Jüngster auf dem Weg zu uns machte, wollte ich mich endlich verstanden und ernst genommen fühlen. Und alleine wollte ich auch nicht wieder entbinden. Also sollte er zu Hause zur Welt kommen. Mit dem Tag der Rufbereitschaft meiner Hebamme stellten sich meine Wehen ein und mit der Erfahrung der vorangegangenen Geburten kam meine Hebamme auch gleich. Wir wussten nicht, ob die Wehen mich zur Geburt führen würden. Wir wussten es noch eine halbe Stunde vorher nicht. Doch dann kam dieser Punkt. Ich schimpfte, verzweifelte, weinte. …. Meine Hebamme ahnte, dass es jetzt auf die Geburt zu gehen würde, aber sie dachte nicht, dass es so schnell gehen würde. Auch dieses Mal habe ich nach geschlossenen Muttermund in einer Wehe geboren. Aber dieses Mal geborgen und nicht alleine. Der Punkt selbst hat mir geholfen mich zu bestätigen, dass ich nicht nicht irre. Dass ich meinen Körper vertrauen kann. Dass ich doch selbst am besten weiß, wann meine Kinder kommen wollten. Nach dieser Geburt bin ich mit mir im Reinen. Ich kann das Gebären annehmen, weiß dass Verzweiflung dazu gehört. Dein Bericht bestätigt mich, bestärkt mich. Danke Jule!
Liebe Jule @hebammezauberschoen – ich finde es so wichtig, darüber zu informieren und erzählen, was einen natürlichen Geburtsprozess ausmacht. Danke für deinen Artikel! Erst wenn man darüber weiß, kann man sich darauf einstellen und sich ganz bewusst für seinen Weg entscheiden. Das bedeutet nicht, im Notfall anders zu entscheiden. Ich habe beide Kinder mit eigenen Hebammen im Krankenhaus aber so natürlich wie möglich zur Welt gebracht. Eine PDA kam für mich aus Angstgründen (die Angst vor der Nadel in meiner Wirbelsäule war stärker als die Angst vor Schmerzen ?) nicht in Frage und so blieb dieser Weg…Außerdem hat mich der Anästhesist bestärkt es ohne zu versuchen, da der Körper der Mutter auf Grund der eigenen Schmerzen körpereigene Schmerzmittel für sich UND das Kind produziert. Das nimmt dem Kindlein die Schmerzen und stabilisiert es während des anstrengenden Prozesses… der Punkt von dem du schreibst ist noch gut in Erinnerung. Bei unserem Sohn dachte ich, ich verstehe jede Frau, die einen Kaiserschnitt mag. Der bleibt drinnen. Ich gehe nach Hause. Aber dann kam diese Kraft…unglaublich!! Bei unserer Tochter bin ich viel gestanden und habe meine ganze Kraft in das hängende Tuch übergeben…es ging viel besser als bei unserem Sohn…und die Phase dieses Punktes war sehr kurz, ich bin ins Wasser gewechselt und kurz danach war sie da…ohne Pressen – einfach da….es war nachträglich gesehen zauberschön ?….
Ich kann mich daran erinnern…mir war so schlecht und ich habe mich endlose Male übergeben…nur mein Muttermund wollte partout nicht aufgehen. Irgendwann hat mir die Hebamme dazu geraten die PDA setzen zu lassen sonst würde ich das körperlich nicht schaffen. Irgendwie bin ich immer noch traurig darüber…aber es war eine sehr erfahrene Hebamme zu der ich großes Vertrauen hatte als erstgebärende…trotzdem bereue ich es…bei der nächsten geburt hatte ich dann angst davor und hatte so wenig vertrauen in mich und in diesem fall auch in die hebamme dass es ähnlich ablief. Ich hoffe ich werde es nochmal ohne erleben und das Gefühl von Kapitulation erfahren…
Hallo!
Ich hatte eine tolle Hebamme, die mir genau davon erzählt hat.
Beim ersten Kind verlief die Geburt nicht so Bilderbuchhaft. Sie war eingeleitet und nach stundenlangem Nichts, ging es um 22 Uhr los. Nach einer Stunde fühlte es sich schon an, als wären keine Pausen zwischen den Wehen. Um 6 Uhr in der Früh würde ich dann gefragt, ob ich eine PDA möchte und der MuMu wurde noch einmal kontrolliert. Er war bei 3cm. Ich habe zugesagt, denn ich war zu dem Zeitpunkt schon über 24 Stunden wach und hab mich ständig übergeben, musste ständig pinkeln und gleichzeitig wollte ich einfach nur noch am Boden zusammenbrechen. Ich hatte keine Kraft mehr.
Somit hab beim 1. Kind diese Erfahrung so nicht gemacht.
Beim 2. Kind allerdings schon. Von der 1. Wehe bis zur Geburt waren es knapp 5 Stunden. Es ging echt schnell und die Schmerzen wurden schnell sehr intensiv. Ich hab mich so ins Zeug gelegt bei den Wehen, damit ich es hinter mich bekomme und gefühlt ging nichts weiter. Dann meinte (oder schrie – Hebamme und Ärztin taten mir ja echt leid… was ich zusammengeschrien hab…) die Hebamme, sie sieht den Kopf schon. Ich hab ihr erst mal nicht geglaubt, hab hingegriffen: tatsächlich, da ist mein Baby und von dem Moment an, war ich doch motiviert und “entspannter”.
Danke für den tollen Beitrag. Ich sehe diesen Punkt immer und immer wieder bei meinen Begleitungen als Doula. Erlebst Du auch die Geburtspause? Nach der Eröffnungsphase? Liebe Grüsse, Monika/ANAYA-Frauenkraft
Liebe Jule,
ich musste gerade ein bisschen weinen. Ich glaube es war auf deinem Blog, auf dem ich meine Geburtsgeschichte schon einmal niederschrieb. Eine Kaiserschnittgeburt. Meine Tochter hatte die Nabelschnur zweimal um den Hals gewickelt, was leider zuvor nicht zu erkennen war.
Ich kann mich dran erinnern, dass ich zwar Schmerzen hatte, aber keine die mich verzweifeln ließen. Weil sich auch nach mehreren Stunden nichts tat bekam ich Wehenmittel und dann kann ich mich an nicht mehr viel erinnern. Denn mein Körper schaltete einfach ab. Ich fiel in eine Art Dämmerzustand, bekam nur noch wenig um mich herum mit. Ich versuchte den Gesprächen der Hebamme und der Ärzte (Zum Schluss waren es drei) zu folgen, aber ich war nicht in der Lage irgendetwas zu tun. Nachdem man die Fruchtblase geöffnet hatte (das Einzige an was ich mich als wirklich schmerzhaft erinner) und sich immer noch nichts tat wurde ein Kaiserschnitt angeordnet. Eigentlich wollte ich keinen, kam er für mich nie in Betracht. Aber ich weiß noch wie dankbar ich war, als diese Maßnahme beschlossen wurde. Weil ich Angst hatte für immer in diesen Dämmerzustand zu verschwinden und vor allem auch, weil ich große Angst um mein Kind hatte. War das der Punkt?
Ich hätte viel darum gegeben die finalen Geburtschmerzen erleben zu dürfen.